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„Die Spalter in die Schranken weisen“ – aber wie?


In meinem letzten Beitrag zum Ausgang der Landtagswahl in Thüringen habe ich an alle Demokratinnen und Demokratinnen appelliert, gemeinsam die Spalter in die Schranken zu weisen. Dies wurde in meiner Timeline u.a. mit einem „Aber wie?“ kommentiert. Diese Frage ist natürlich berechtigt.


Zu groß scheint die Herausforderung, vor der unsere Gesellschaft steht. Zu groß die Bedrohung durch Stimmungsmacher, Populisten und Extremisten. Zu präsent scheinen vielleicht auch die Drohungen, welche zuletzt gegen CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring, gerichtet wurden. Am Ende steht die unsichere Frage: Was kann ich denn tun? Welchen Einfluss habe ich denn? Habe ich überhaupt die Chance, Einfluss zu nehmen?


Auch hier hat die Landtagswahl in Thüringen gezeigt, dass der Einfluss einiger Weniger entscheidend sein kann. So hat die FDP die Fünf-Prozent-Hürde dem vorläufigen Endergebnis folgend, mit einer Mehrheit von nur fünf Menschen genommen. Fünf Menschen von über einer Million Wahlberechtigten hatten somit einen maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis. Und auch die AfD zeigt es uns tagtäglich, lassen wir uns doch von wenigen Führungspersonen wie Gauland, Höcke, Weidel und von Storch treiben, die einer Partei von gerade einmal 35.000 Personen vorstehen.


Was also tun? Wo können wir als Demokratinnen und Demokraten Einfluss nehmen?


Wir werden es nicht schaffen, den eingefleischten AfD-Funktionär oder vom Gegenteil zu überzeugen. Er wird uns weiter für „links-grün versiffte Gutmenschen“ halten und für Argumente nicht zugänglich sein. Mit diesen Menschen zu diskutieren ist vergebene Liebesmüh. Wir arbeiten uns an ihnen ab, am Ende stehen Frust und Enttäuschung. Wichtig ist, deren Umfeld, die Unentschlossenen, die Menschen, welche vielleicht tatsächlich „nur“ aus Protest die AfD wählen, wieder zurückzugewinnen – und unsere eigenen Mehrheiten zu stärken. Um diese Menschen müssen wir umso entschlossener mit Herzblut und Verve kämpfen!


Wir müssen gemeinsam Kante zeigen. Es hilft nicht, wenn Parteien den Forderungen der AfD nachgeben, in der Hoffnung ihr damit das Wasser abzugraben. Denn sie werden nicht nachgeben. Sie werden erst dann stoppen, wenn sie ihr Ziel, das Zerstören unserer Freiheitswerte, unserer Demokratie, unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts erreicht haben.


Wir müssen gemeinsam widersprechen. Wann immer und wo immer wir können. Wer schweigt, stimmt zu! Die AfD sieht sich (wie alle Populisten) als Vertreterin einer schweigenden Mehrheit. Sie sehen sich als diejenigen, die ihre Stimme für diese Mehrheit erheben und deren Interessen vertreten. Daraus schöpfen sie ein immenses Selbstbewusstsein.


Wir müssen ihnen genau an diesem Punkt entgegentreten. Wir müssen ihnen als Zivilgesellschaft, vor allem auch als Medien, aber auch als Einzelperson aufzeigen, dass sie zwar laut sind, aber eben nicht die Mehrheit. Dass sie außerhalb des gesellschaftlichen Konsenses stehen! Es ist schwer, auch im eigenen Umfeld, im Freundes- und Bekanntenkreis, im Verein, vielleicht am Arbeitsplatz oder am Ende gar in der eigenen Familie, den Mund aufzumachen und zu sagen: „Das ist Unsinn. Das lasse ich Dir nicht durchgehen! Weißt Du eigentlich, was Du da sagst?“. Aber wir müssen uns dieser Aufgabe stellen. Je vielseitiger und vielfältiger dieser Widerspruch ist, umso besser.


Wir müssen uns gemeinsam stärker vernetzen. Wir müssen uns gegenseitig in unserem Tun bestärken und unterstützen. Das gilt gerade hier in den sozialen Netzwerken. Unterstützen wir uns in den Kommentarspalten, teilen wir unsere Beiträge. Zeigen wir uns selbst, dass wir nicht auf verlorenem Posten stehen. Auch hier müssen wir um Präsenz und Mehrheiten ringen.


Wir müssen gemeinsam die Strukturen stärken, die sich gegen das menschenverachtende Weltbild der Populisten stellen. Unterstützen wir gezielt die Organisationen, Parteien und Verbände, die sich gegen Populismus engagieren – sei es durch eine Mitgliedschaft, sei es durch eine Spende oder durch persönliches Engagement und Mitarbeit vor Ort.


Wir müssen gemeinsam formulieren, wofür wir sind, wofür wir einstehen. Dass unsere Demokratie und unsere Grundrechte, die von zu vielen als selbstverständlich angesehen werden, hohe und wertvolle Güter sind, für die es einzustehen gilt. In vielen Teilen der Welt gibt es diese nicht bzw. Menschen sterben im Kampf für genau diese Freiheitsrechte.


Wir müssen gemeinsam aktiv am demokratischen Geschehen mitwirken. Das heißt, wir sollten uns aktiv in die Gesellschaft einbringen, als Elternvertretung oder -beiräte in den Kindergärten und Schulen, als Schöffinnen und Schöffen, in Bürgerinitiativen und Vereinen, überall dort, wo sonst Lücken entstehen würden, welche die Populisten gezielt besetzen und zu instrumentalisieren suchen.


Wir müssen gemeinsam Acht geben, auf den Umgang miteinander, auf die Art und Weise, wie wir uns über die Verantwortungs- und Entscheidungsträger äußern, wie wir ihre Arbeit vielleicht selbst herabsetzen, uns an der ein oder anderen Stelle auch einmal selbstkritisch hinterfragen. An manchen Stellen machen wir uns bestimmt, wenngleich unabsichtlich, auch zu Wegbereitern des Populismus.


Das alles ist Arbeit. Das alles setzt Engagement und eigenes Handeln voraus. Wenn wir den starken Triebkräften der AfD und ihrer Populisten, wenn wir der Wut, dem Hass, der Verachtung und vielleicht auch der Angst, etwas entgegensetzen wollen, wird dies nur funktionieren, wenn wir die eigene Komfortzone zumindest ein wenig verlassen.

Unsere Demokratie sollte es uns allerdings wert sein.

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