
Nun hat sie es also getan: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hat ihren Rücktritt erklärt. „Deutschlands schlechteste Ministerin sieht es endlich ein“ titelte die BILD vor wenigen Tagen. Und auch sonst wurden die Medien nicht müde, Lambrecht öffentlich zu schelten. Egal, ob angebliche Hubschrauber-Affäre, schlecht gemachter Neujahrsgruß, zögerliche Waffenlieferungen an die Ukraine oder das Puma-Desaster. Die Ministerin schwächelt. Die Bundeswehr steht vor ihren NATO-Verbündeten und der Staatengemeinschaft entblößt da: Nichts scheint zu funktionieren. Und auch das 100-Milliarden-Sondervermögen scheint nicht zu helfen. Also: Lambrecht, wegtreten! So der allgemeine Medientenor.
Nach dem Rücktritt von Bundesministerin Anne Spiegel (Grüne), die es ausgerechnet als Familienministerin nicht geschafft hat, Familie und Amt unter einen Hut zu bringen, hat die Ampel-Koalition schon zwei Frauen eingebüßt. Die Häme insbesondere von AfD und Union ist grenzenlos. CDU-Abgeordneter Christoph Ploß twitterte zum Rücktritt der Verteidigungsministerin: „Erst Anne Spiegel, jetzt Christine #Lambrecht: Schon der zweite Rücktritt einer offensichtlich überforderten Ampel-Ministerin. Bei der Besetzung höchster Staatsämter darf es nicht auf Geschlecht, Herkunft oder Hautfarbe ankommen, sondern nur auf Kompetenz!“. Und bei der AfD dürfen sich selbst Kandidatinnen aus den eigenen Reihen anhören, dass sie „besser an der Stange tanzen“ sollten als sich um politische Mandate zu bewerben. Taugen Frauen also nicht für das Ministerinnenamt oder gar für die Politik im Allgemeinen?
Grundsätzlich ist das Verteidigungsressort ein schwieriges: Ausgaben für das Militär sind in der Bevölkerung ebenso unpopulär wie Auslandseinsätze. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989/1990 wurden Truppenstärke und Wehretat massiv reduziert. Die stärksten Kürzungen erfolgten dabei im Zeitraum von 1990 bis 1997 – noch unter Helmut Kohl. Seitdem ist der Verteidigungshaushalt gemessen am BIP relativ konstant bei einem Niveau von rund 1,15 Prozent – deutlich unter der NATO-Forderung von zwei Prozent. Erst seit 2019 steigt das Volumen wieder deutlich an. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine findet nun auch in der Gesellschaft ein Umdenken statt, rückt die Bundeswehr stärker in den öffentlichen Fokus.
Schlimmer als fehlendes Geld ist, dass sich Gesellschaft und Armee seit dem Aussetzen der Wehrpflicht 2011 zunehmend entfremdet haben. Seitdem ist die Bundeswehr gefangen zwischen ihrer bunten Hochglanz-Special-Effects-Werbewelt auf der einen Seite und der realen Mangelwirtschaft auf der anderen. Nachwuchssorgen, unbesetzte Planstellen und Verdruss bei den Soldatinnen und Soldaten sind die Folge. Karl-Theodor zu Guttenberg hat der Bundeswehr mit seinem übereilten Aussetzen der Wehrpflicht, welches faktisch eine Abschaffung gewesen ist, einen Bärendienst erwiesen und nachhaltig geschadet.
Dennoch genießt er immer noch eine hohe Popularität. Braun gebrannt, im braunen Shirt mit Deutschland-Flagge, Sonnenbrille und Baseball-Cap beim Truppenbesuch in Afghanistan. Dieses Image hat sich eingebrannt ins kollektive Gedächtnis. Wie blass musste dann die darauffolgende Frauenriege aus Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer und Christine Lambrecht nun erscheinen? Es ist immer auch die Macht der Bilder, die uns über Politikerinnen und Politiker urteilen lässt. Und die den Medien Auflage bzw. Klicks sichern.
Inhaltlich betrachtet war zu Guttenberg der schlechteste der vier genannten Minister:innen.
Richtig ist, Christine Lambrecht konnte sich nicht gut verkaufen. Ihre Darstellung nach außen und ihre Kommunikation waren deutlich verbesserungswürdig. Aber machte sie das tatsächlich zu einer schlechten Ministerin?
Wer auch immer das Ressort nun übernimmt, findet eine Truppe vor, die von einer Reform zur nächsten getrieben wird, ohne dass auch nur eine davon je abgeschlossen worden ist. Er oder sie übernimmt eine Organisation, welche sich an vielen Stellen selbst durch überbordende Bürokratie lähmt. Das macht sich nicht nur, aber vor allem im Beschaffungswesen negativ bemerkbar. Und man darf nicht übersehen, dass die Bundeswehr ein zutiefst hierarchisches Konstrukt ist. Während meiner eigenen Bundeswehrzeit durfte ich mehrfach erleben, dass regelmäßig die schönsten Potemkinschen Dörfer aufgebaut wurden, sobald sich ein General oder gar der Minister zum Truppenbesuch angekündigt hat. Alles wurde auf Hochglanz gewienert. Missstände? Mangel oder Mängel? Fehlanzeige. Zu starke Kritik an der Führung könnte sich am Ende negativ auf die eigene Beurteilung und den weiteren beruflichen Werdegang auswirken.
Wer die Situation der Bundeswehr nachhaltig verbessern will, müsste die bestehenden Strukturen und Mechanismen prüfen, vielleicht auch aufbrechen. Und er oder sie müsste eine breite gesellschaftliche Debatte über den Stellenwert der Streitkrä