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Die Alternative für Deutschland als Vertreter des „kleinen Mannes“

Die AfD schafft es, sich einerseits als bürgerliche Protestpartei zu generieren, gleichzeitig nationalis­tische Inhalte zu transportieren und sich als Vertreter der „kleinen Leute“ darzustellen. Je nach Umfrage erreicht die AfD aktuell zwischen 9 und 12 Prozent der Stimmen. Manche wählen die Partei aus Überzeugung, manche wegen ihrer Positionen zur Flüchtlingspolitik, manche aus Protest gegen die Volksparteien oder die große Koalition. Doch was steht wirklich drin im Wahlprogramm? Die wenigsten haben es tatsächlich gelesen.


Dabei ist insbesondere der Blick auf die Steuer- und Finanzpolitik mehr als interessant: Die AfD fordert „die Absenkung der allgemeinen Mehrwertsteuer um 7 Prozentpunkte sowie die Einführung einer allgemeinen Abgabenbremse […]. Diese ist im Grundgesetz festzuschreiben“. (vgl.S.50, 10.1 Steuern). Diese Abgabengrenze soll „mittelfristig 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht übersteigen“. Nach Angaben des Bundesfinanz-ministeriums lag die Abgabenquote 2015 bereits bei 39,4 Prozent – somit ergeben sich nach Willen der AfD beispielsweise in Zeiten einer wirtschaftlichen Rezession mit höherer Arbeits-losigkeit, höheren Sozialausgaben und niedrigeren Einnahmen für den Staat kaum Spiel-räume. Zumal die AfD auch keine neuen Staatsschulden will: „Das primäre finanzwirtschaft-liche Ziel der Alternative für Deutschland sind ausgeglichene Haushalte. Die Staatsausgaben sind durch Einnahmen zu decken.“ (vgl. S.51, 10.2 Haushaltspolitik). Wenn man die gefor-derte Senkung der MwSt und die ebenfalls geforderte Abschaffung der Erbschaftssteuer („Die AfD ist für eine Abschaffung der Erbschaftssteuer als Substanzsteuer und gegen die Reaktivierung der Vermögenssteuer.“) hinzunimmt, fehlen dem Staat hier jährlich rund 55 bis 60 Mrd. Euro, welche an anderer Stelle eingespart werden müssten. Dies will die Partei dadurch erreichen, dass sie „den Staat verschlanken und effizienter machen“ möchte (vgl. S.53, 10.6 Wirtschaftspolitik). Und dies vor allem auch durch den Abbau von Subventionen.


Im Grundsatzprogramm der Partei heißt es auf S. 69 „Die AfD lehnt Subventionen generell ab. Wir wollen gleiche Regeln für alle – ob groß, ob klein, in jeder Branche. Unser Ziel ist ein schlanker, aber starker Staat“. Das ist entlarvend. Der Abbau aller Subventionen hätte massive Auswirkungen auf unseren Staat, seine Wirtschaftskraft und das soziale Gefüge. Nach Willen der AfD wären somit u.a. die staatlichen Zuschüsse in die gesetzliche Krankenversicherung, in die Infrastruktur, in das Verkehrsnetz, in die Landwirtschaft, die Wirtschaftsförderung, in Vereine, Schwimmbäder und Kultureinrichtungen, usw. abzuschaffen. Auch Arbeitslosengeld, Kindergeld, Wohngeld, Elterngeld, Sozialhilfe und BaföG sind als Transferleistungen letzten Endes Subventionen des Staates. Die Umsetzung der Forderung würde einen schlanken Staat schaffen, gewiss, einen Staat in dem für Arme und Reiche dieselben Regeln gelten würden, auch das – aber es wäre ein Staat, in dem die „kleinen Leute“ vor die Hunde gehen würden, da sie sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht privat absichern oder vorsorgen können oder sich, dann nicht mehr subventionierte, öffentliche Einrichtungen (so es sie dann noch gibt) schlicht nicht mehr leisten können.


Auch die Forderung den Euroraum zu verlassen (vgl. S 14, 2.1.) wäre für Deutschland als Exportweltmeister verheerend. Eine nationale deutsche Währung würde im Vergleich zu den anderen Währungen deutlich aufwerten, unsere Produkte würden damit für das Ausland teurer (oder nicht mehr bezahlbar). Für ein Land, das 50 Prozent seiner hergestellten Produkte exportiert und wo jeder vierte Arbeitsplatz am Export hängt, hätte dies dramatische Folgen.


Die „kleinen Leute“ würden mit einer Umsetzung der AfD-Politik ordentlich draufzahlen. Und auch im Bereich der Zuwanderungspolitik streut die AfD den Menschen Sand in die Augen. Die Forderung das Asylrecht de facto abzuschaffen („Individuelle Schutz- und Asylgarantien […] können nicht aufrechterhalten werden“ (vgl. S. 28, 5.1)) ist m.E. verfassungswidrig. Im Grundgesetz ist in Artikel 16 a das Grundrecht auf Asyl verankert. Dies gehört zum unveränderlichen Verfassungskern und könnte selbst mit einer 90-Prozent-Mehrheit der AfD nicht geändert werden. Somit ist auch die Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge von 10.000 Personen nicht verfassungskonform. JedeR Geflüchtete hat das Recht, einen Asylantrag zu stellen – was natürlich noch nichts über dessen Verbescheidung aussagt. Dies zahlenmäßig zu begrenzen ist m.E. nicht möglich (gleiches gilt für ähnliche Forderungen der CSU). Auch die umgehende Schließung der Grenzen (S. 28) wäre nicht konform mit EU-Recht. Die Forderungen der AfD sind somit nicht umsetzbar und reiner Populismus.


Mein Fazit: Wer die AfD auch trotz (oder gerade wegen) oben genannter Punkte aus Überzeugung wählt, möge das tun. Wer sie wählt, weil sie vermeintlich die Interessen der „kleinen Leute“ vertritt, möge über die genannten Punkte nachdenken und sich überlegen, welche Konsequenzen sich beispielsweise durch den Wegfall der Subventionen für einen selbst ergeben würden. Wer sein Kreuz bei der AfD machen möchte, weil er die GroKo ablehnt, sollte wissen, dass er genau damit diese Große Koalition festigt, da andere Regierungsmehrheiten (Rot-Rot-Grün, Schwarz-Gelb, Schwarz-Grün, Rot-Gelb-Grün, evtl. auch Schwarz-Gelb-Grün) nicht mehr möglich wären. Wer die AfD wählen möchte, um „denen da oben“ einen Denkzettel zu verpassen, sollte überlegen, ob er dafür nicht einen hohen Preis zahlt.


Wer die AfD aus Protest wählt, erinnert mich an das „fliegende Suizidkommando“ aus „Das Leben des Brian“, welches sich aus Widerstand gegen die römischen Besatzer den Dolch in den Bauch rammt, mit den letzten Worten „Jetzt haben wir es ihnen gezeigt“.

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